19.04.2007

„Aufbau und Aufgaben des neu eingerichteten Zentrums für Kampfmittelbeseitigung der Bundeswehr”

Vortragene(r):

Johann Freudenfeld

Oberst, Dipl.-Ing. (FH)

Kommandeur Zentrum für Kampfmittelbeseitigung der Bundeswehr

Ort: Offizierheim, Graf-Stauffenberg-Kaserne, Sigmaringen

„Aufstellen macht mehr Spaß als Auflösen”

Sigmaringen - Seit knapp zwei Jahren wird unter der Führung von Oberst Johann Freudenfeld das Zentrum für Kampfmittelbeseitigung der Bundeswehr in Stetten a.k.M. aufgebaut. Über Stand und weiteren Aufwuchs berichtete er auf Einladung der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW) in einem Vortrag am Donnerstagabend im Offizierheim in Sigmaringen.

Nach kurzer Einführung durch den Sektionsleiter der GfW, Oberstleutnant der Reserve Bernhard Schleyer, begann der Kommandeur des Zentrums, Oberst Freudenfeld, unterstützt durch zahlreiche Bilder, mit einem ‘Feuerwerk’ an Informationen.

„Soldaten im Auslandseinsatz kommen ohne Unterstützung durch Spezialisten zum Erkennen und Beseitigen von Kampfmitteln nicht mehr aus - Restbestände an Munition aus Kriegen wie im ehemaligen Jugoslawien und Afghanistan, aber auch der gezielte Einsatz von Sprengvorrichtungen bedrohen die Soldaten und die Zivilbevölkerung. Hier sind Kampfmittelbeseitiger als Helfer nicht mehr wegzudenken”, so Freudenfelds einleitenden Worte. Dies sei auch der Grund für die Bundeswehr gewesen, die auf ganz Deutschland verteilten Kräfte zur Beseitigung von Kampfmitteln zu bündeln und in Stetten das modernste Zentrum für Ausbildung und Einsatz einzurichten. Die Entschärfung von Restmunition in Deutschland bleibe dagegen Aufgabe der Räumkommandos der Länder. Von der Entscheidung zur Zentralisierung der Spezialisten bis zum Beginn der Aufstellung sei nur ein Jahr vergangen. Dies, so Oberst Freudenfeld, mache deutlich, wie dringend man die Spezialisten für Einsätze im Ausland brauche. Auf über 600 Soldaten und zivile Mitarbeiter wächst das Zentrum in den kommenden Jahren noch auf. Viele Soldaten, die dem Zentrum bereits unterstellt sind, tun zurzeit noch in Standorten in ganz Deutschland Dienst.

Ausbildung ist beste Lebensversicherung

Die Ausbildung eines Kampfmittelbeseitigers ist langwierig. Als Grundstock muss der Bewerber einen abgeschlossenen technischen Beruf nachweisen. Erst dann beginnt eine fünfjährige Ausbildung. Oberst Freudenfeld betonte, dass er schon heute bei der Gewinnung von Nachwuchs die Konkurrenz der Wirtschaft spüre. Nicht nur die Verschiedenheit der bedrohlichen Munitionsreste und Sprengvorrichtungen, auch die Handhabung der modernsten Mittel zu deren Erkennung und Zerstörung, machtem jedem Zuhörer klar - der Beruf erfordert einen kühlen Kopf und hoch spezialisiertes Wissen. Die Vorstellung der Hilfsmittel erinnerte an die Asservatenkammer von James Bond. Die Bandbreite reicht vom ferngesteuerten Roboter zum aufspüren und unschädlich machen von Sprengmitteln über Kameras, Störsender bis hin zu Spezialschuhen zur Minensuche. Der ständige Umgang mit Explosivstoffen und die latente Gefahr führten dazu, eine Psychologin in das Zentrum zu integrieren. ‘Stressmanagement’ sei nur einer der Ausbildungsinhalte. Auf sie ist der Kommandeur besonders stolz, steht sie doch auch bei der Betreuung der Familien mit Rat und Tat zur Seite. Vor einem weiteren Spezialisten der besonderen Art zog Freudenfeld anerkennend den Hut - dem Spürhund. Hier nutzt man den Spieltrieb meist belgischer Schäferhunde zum Aufspüren von Sprengstoff - und das mit großem Erfolg. Hunde seien schon seit Jahren mit ihren Führern treue Begleiter der Soldaten. 60 Hunde werden einmal am Ende der Aufstellung in Stetten sein und mit dem zugeteilten Führer oder der Führerin ein untrennbares Paar bilden. Den Hund auch mit nach Hause zu nehmen, so Freudenfeld, sei ganz im Sinne dieser engen Bindung. An eine Vierzigstundenwoche sei da nicht zu denken. Ein noch im Aufbau befindliches Sprachlabor wird die Fähigkeiten zur Kommunikation im Einsatz verbessern helfen - Missverständnisse in der Zusammenarbeit mit Soldaten anderen Nationen könnten fatale Folgen haben.

Als positives Echo auf seinen Vortrag konnte Oberst Freudenfeld die zahlreichen Fragen im Anschluss an seinen Vortag werten. Fazit des Abends: Professionalität ist die beste Lebensversicherung für einen Kampfmittelbeseitiger. Das Nischendasein der Kampfmittelbeseitigung gehört nun der Vergangenheit an - mit dem Zentrum in Stetten hat man seitens der Bundeswehr optimale Voraussetzungen für Ausbildung und Einsatz geschaffen. Wenn nun noch der laufende Umzug der Soldaten und Familien planmäßig verläuft, kann der Kommandeur sehr zufrieden sein.

Bericht von Arno Möhl

Oberst Freudenfeld 1 Vortrag 1 Auditorium
Oberst Freudenfeld 2 Vortrag 2