25.11.2008

„Die fast vergessene Mission”

Vortragene(r):

Frank Penndorf

Oberstarzt, Dr.

Ort: Offizierheim, Graf-Stauffenberg-Kaserne, Sigmaringen

Sigmaringen - Der Kurzkrieg zwischen Russland und Georgien im August hat wieder einmal in Erinnerung gerufen, dass am südöstlichen Ende Europas, im Kaukasus, eine der großen Konfliktregionen, die aus dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden sind, immer noch auf Lösungen wartet. Dass dabei auch Soldaten der Bundeswehr tangiert worden waren, hat die allgemeine Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen.

UNOMIG – das älteste deutsche UN-Mandat

Oberstarzt Dr. Frank Penndorf, Divisionsarzt im Stab der 10. Panzerdivision, kennt wie kein anderer diese Gegend, ihre Menschen und die Spannungen, das Flüchtlingselend sowie die wirtschaftliche und geostrategische Bedeutung dieser Landbrücke zwischen Europa und Asien. Bereits viermal hat er als ranghöchster Sanitätsoffizier und Militärbeobachter der Vereinten Nationen in Georgien Dienst geleistet und war Teil einer Gruppe von zwölf Offizieren und Unteroffizieren, die seit 1994 am bislang längsten UN Einsatz der Bundesrepublik Deutschland teilgenommen haben.

In einem eindrucksvollen Vortrag vor der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik und den Sigmaringer Reservisten hat er neben der Darstellung der durch die Politik vorgegebenen Aufgaben insbesondere von seinen persönlichen Eindrücken berichtet.

Als unbewaffnete Militärbeobachter, bewacht durch russische Friedenstruppen, überwachen die 132 Soldaten aus 28 Nationen beiderseits der Waffenstillstandslinien zwischen den abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien und Georgien die Einhaltung der Waffenstillstandsvereinbarungen, insbesondere das Verbot zur Stationierung schwerer Waffen. Durch ständigen Kontakt zu allen Konfliktparteien tragen sie zur Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung bei und nehmen Einfluss auf Rückkehrmöglichkeiten von Vertriebenen.

Für den deutschen Anteil ist zudem die ärztliche Versorgung aller Mandatsteilnehmer aus allen Nationen und die Unterstützung der Zivilbevölkerung in Rahmen freier Kapazität vorgegeben.

Die Schilderung von Einzelbeispielen gerade aus diesem Aufgabenbereich ließ erahnen, von welcher Brutalität, krimineller Vorgehensweise und übersteigertem nationalistischen Hass der Umgang der unterschiedlichen ethnischen Gruppen gekennzeichnet ist.

Krieg schafft neue Probleme

Der Fünf-Tage-Krieg mit Russland im August hat für Georgien verheerende Folgen gebracht. Die Armee ist aufgerieben, über 16 000 neue georgische Flüchtlinge aus den umkämpften Gebieten hat das UN Flüchtlingskommissariat allein im Raum Tiflis registriert, kriminelle Übergriffe auf die Zivilbevölkerung und die völkerrechtliche Anerkennung der beiden abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien durch Russland sowie der gegenseitige Vorwurf der Kriegsschuld haben die Spannungen in der Region zusätzlich angeheizt. Insofern hat dieser Krieg die begrenzte Einflussnahme der Staatengemeinschaft auf eine Befriedung zunichte gemacht. Die UN, die OSZE und die EU sind aufgefordert, zusammen mit den Kriegsparteien neue Ansätze der Unterstützung und Überwachung auszuhandeln. Neben dem millionenschweren Wiederaufbau der georgischen Infrastruktur und der Milderung der Flüchtlingsprobleme ist diese internationale Aufgabe vorrangig. Dem Prinzip Hoffnung scheint derzeit mehr Aufmerksamkeit zuzukommen als einer realistischen Zukunftsperspektive.

Dr. Penndorf
Dr. Penndorf beim Vortrag Zurück Vor Schließen
Auditorium